Montag, 3. August 2015

Portugal 2015: 200 Kilometer zu Fuß (3.Teil)

Schneckchen und Nachschlag bei Muttern

Eukalypthus und Staub vom Feinsten
Mondstaub ist Scheißdreck dagegen!
Flucht ergreifen! Jetzt!
Die ersten beiden Folgen habe ich ständig über den Staub gejammert und jetzt denkt ihr: "Geht das schon wieder los!" Aber Leute, dieser Staub war anders, fein wie Mehl, manchmal einige Zentimeter tief und wenn er auf dir sitzt, bekommst du ihn nicht mehr los. Falls ein Forstfahrzeug oder so was kommt, hilft nur die Flucht nach vorheriger Windrichtungsberechnung. Streckenweise war das voll nervig. Und man muss JEDEN Abend Klamotten waschen. "Rei in der Tube" kann ich da empfehlen. (NEIN, ich werde nicht für Schleichwerbung bezahlt).
Schleichwerbung...
Die Bilder oben sind zwischen Cercal und Porto Covo entstanden. Nach soviel Staub freut man sich aufs Meer. Könnt ihr glauben.
Mein Basiscamp in Cercal hatte ich gut gewählt. Hier teil sich die Rota Vicentina in zwei Wege. Man geht entweder die historische Route im Landesinneren, oder den Fishermans Trail an der Küste entlang. In Odeceixe treffen die Tracks dann wieder aufeinander. Hier mal die Karte zur Übersicht:

Fishermans Trail und Rota Historica
Alle Wege zusammen ergeben 350 Kilometer.
Arrifana - Carrapateira habe ich ausgelassen.
Almograve - Zambujeira - Odeceixe auch.
Aber sonst bin ich alles gegangen!
Ich entschied mich für die historische Innenlandroute, weil der Weg später sowieso auf die Küste trifft. Die Etappe zwischen Vila Nova de Milfontes und Porto Covo (20 km) bin ich auch gegangen. Extrem anstrengend und extrem schön. 
Dieser Weg bestand zu 80 Prozent aus losem Sand. Wer schon mal in seinem Urlaub mit ner Bratwurscht und nem Bier in der Hand von der Imbissbude zum Strandkorb gelaufen ist, weiß, wie anstrengend das gehen durch losen Sand ist. Da werden plötzlich Muskeln beansprucht, von denen man gar nicht wusste, das man die hat.
Irgendwann hört man auch auf, den Sand aus den Schuhen zu kippen. Hat eh keinen Zweck. 
Aber ich sage euch, man wird für diese Mühen entlohnt. Einmalige schöne Bilder einer wilden, von Touristen unendeckten Küste, von Felsen die teilweise 140 Meter steil aus dem Meer herausragen. Unten rauschen die Wellen, oben bläst der endlich anwesende Wind. Störche nisten in den Klippen und kümmern sich um ihren Nachwuchs. (Liebe Kinder! Das Störche den Nachwuchs der Menschen bringen ist ein Märchen! Die haben Besseres zu tun! Klappern zum Beispiel.)
Das Klappern übertönt sogar die Brandung
Einsam am Strand, da kann man aus sich raus gehen
Alles ist menschenleer. Keine Touristen, keine Bettler, keine Bad News. Man kann in den Wind schreien, alle Wut und allen Ärger in den Ozean brüllen und keiner hört zu und denkt, der is meschugge. Oder man setzt sich einfach in den Sand und lässt die Seele oder sonst was baumeln. Man kann den Anglern zusehen, wie sie nix fangen und lächelnd die Schulter zucken. Morgen ist ein anderer Tag...
Traumbilder
Seltsame Landschaft
Sandige Wege hoch über dem Meer
Man findet Landschaften, wie von einem anderen Stern. Man findet die Einsamkeit. Man findet heraus, das die Zeit auch langsam gehen kann. Man findet heraus, das man selbst auch langsam gehen kann, das man nicht eilen muss. Man findet heraus, das die Welt nicht untergeht, wenn man sich Zeit zum Staunen nimmt.
Und Abends zurück in Cercal do Alentejo ging ich immer wieder ins selbe Restaurant. Es hieß "O Passarinho"(Kleiner Vogel). Drinnen kochte eine Mama. Wirklich! Ein Mütterchen in Kittelschürze war Köchen, Kellnerin, Abräumerin, zuhörende Trostspenderin und Lebensberaterin in einer Person. Man durfte sogar in die Töpfe schauen. Ihr werdet es nicht glauben, es gab sogar Nachschlag. Einfach einmalig. Und sooooo lecker. Das ist das Leben abseits der Touristenmassen.
Essen wie bei Muttern, und Bier wie bei Vatter

Nur einmal war mir des Essen nicht ganz geheuer. Es gab Schneckchen. Die sahen süß aus, viel zu schade zum aufessen. Zuerst habe ich vorsichtig dran geleckt, dann etwas kräftiger und dann habe ich sie in den Mund genommen. Leicht salzig und gar nicht schleimig. Am Besten ist es, etwas in das Schneckchen hinein zu stecken. Zum Beispiel einen Zahnstocher. Und dann ab in den Mund damit. Nein, den Zahnstocher isst man nicht mit! Aber man muss schon ein paar hundert davon essen, um satt zu werden. Liebe Freund, wenn ihr mal in Cercal do Alentejo seid, geht ins "O Passarinho"
Lecker Schneckchen
Bitte iss mich nicht, ich bin eine verwunschene Prinzessin. 

So, das wars für heute. Die Portugiesen sagen gerne:

Morgen ist ein anderer Tag! In diesem Sinne Euer Rübezahl...

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